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12.06.23 –
Viele Städte in Deutschland haben in den letzten Jahrzehnten Straßen umbenannt, die an Unterstützer des Nationalsozialismus erinnern. Man ist sich einig: Solche Namen sind nicht mehr tragbar. Doch anders in Allersberg: 2021 hat man bei uns beschlossen, eine Straße im Neubaugebiet „Im Keinzel II“ nach Wilhelm Burkhardt zu benennen. Dieser war nach dem Krieg Bürgermeister von Allersberg, wurde aber nach kurzer Zeit wieder abgesetzt, da er Mitglied der Sturmabteilung (SA), zuletzt als Scharführer, der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt und der Deutschen Arbeitsfront gewesen war. Das kam aber bei der Behandlung im Marktrat nicht zur Sprache. Auf die Frage eines Ratsmitglieds, warum Burkhardt so kurz im Amt war, hieß es nur, er hätte aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten müssen.
Der Beschluss schlug Wellen. Viele fragten sich: Wie kann man heute noch eine Straße nach einem SA-Mann benennen? Und warum hat man nicht offen auf die zweifelhafte Vergangenheit hingewiesen? Ratsmitglieder von SPD, Grünen und CSU beantragten 2022 eine erneute Beratung: Die Gemeindearchivarin Dr. Annett Haberlah-Pohl sollte ihre Recherchen über Wilhelm Burkhardt präsentieren. Doch dazu kam es nicht. Der Monolog des Bürgermeisters sprengte den zeitlichen Rahmen der Sitzung, die Beratung wurde vertagt und bei der nächsten Sitzung von der Tagesordnung abgesetzt – auf Antrag von ABF-Marktrat Aris Maul, dem Enkel Wilhelm Burkhardts. Der Gemeinderat beschloss zwar, weitere Recherchen zu beauftragen, doch das kann dauern. Bis dahin bleibt es beim umstrittenen Namen.
Eine Situation, die einige Bürger:innen nicht hinnehmen wollten und sich mit einem Bürgerantrag für eine Umbenennung stark machten. Dieser Antrag muss nun bis August behandelt werden. Darin heißt es: „Gleichgültigkeit oder Verharmlosung werden […] unserer Verantwortung nicht gerecht. Bereits bei den geringsten Zweifeln über die NS-Vergangenheit von Personen sollte die Namensgebung für eine Straße […] allein schon aus Respekt gegenüber den Opfern des Nationalsozialismus geändert werden.“
Dem stimmen wir zu 100 % zu! Straßennamen sind eine mächtige Form der Anerkennung. Selbst wenn Burkhardt in seiner kurzen Amtszeit ein guter Bürgermeister gewesen sein mag: Er war auch Teil des NS-Regimes, das Millionen von Menschen verfolgt und ermordet hat – in Allersberg unter anderem die Unternehmerfamilie Geiershoefer. Ein Arbeitsblatt der Spruchkammer Hilpoltstein aus dem Jahr 1946/47 lässt daran wenig Zweifel. Dort wird Burkhardt in der Stellungnahme des Ausschusses der politischen Parteien als „ein Nazi auf alle Fälle der Gesinnung nach“ bezeichnet.
Über dieses Dokument hat man die Markträte übrigens nicht informiert, obwohl es der Gemeindearchivarin seit einem Jahr vorliegt. Außerdem weigerte sich der Bürgermeister, ein Schreiben von Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München/ Oberbayern und frühere Vizepräsidentin des Jüdischen Weltkongresses, weiterzuleiten. Sie hatte sich im Frühjahr an ihn gewendet. Ob vor der Bürgermeisterwahl noch etwas passiert? Fraglich. Unsere Haltung ist jedenfalls klar: Wir tragen Verantwortung für unsere Geschichte – ein NS-belasteter Straßenname kommt für uns nicht in Frage!
(Dieser Beitrag wurde auch im Grünen Blatt 2/2023 veröffentlicht.)
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