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28.06.23 –
Roth, 26. Juni 2023
Der AfD-Politiker Robert Sesselmann ist im thüringischen Landkreis Sonneberg in der Stichwahl zum Landrat gewählt worden. Dieser Wahlausgang markiert eine Zäsur im politischen System der Bundesrepublik. „Die AfD besetzt erstmals ein politisches Spitzenamt auf kommunaler Ebene. Das ist erschreckend und sollte alle demokratische Parteien endlich wachrütteln,“ erklärt Tanja Josche, Sprecherin des Kreisverbands der Grünen. „Wir sehen hier, was passiert, wenn rechtspopulistische Aussagen salonfähig gemacht werden, wenn man mit AfD-Inhalten und Kulturkampf-Debatten versucht, Wähler:innen zu gewinnen. Davon profitiert am Ende nur die AfD selbst.“
Für ihren Co-Sprecher Henrik Schmidt-Heck sitzt das Problem noch viel tiefer. „Da wählen Menschen aus Frust über ‚die da oben‘ den Kandidaten einer Partei, die in Thüringen gesichert rechtsextrem ist und deren Strippen mittlerweile Björn Höcke zieht. Sie wählen AfD wohlwissend, dass sie damit Rechtsextreme und Faschisten unterstützen.“
Er vermutet, dass sich in den nächsten Wochen alle Parteien gegenseitig Vorwürfe machen werden, wer denn nun für den Erfolg der AfD verantwortlich sei. „Aber nüchtern betrachtet ist es das Versagen aller demokratischen Parteien. Ich bin mir sicher, dass hier jede Partei eine Mitschuld trägt, egal ob in der streckenweisen katastrophalen Kommunikation durch die Bundesregierung oder die zunehmend aggressive und populistische Rhetorik der Union und Freien Wähler. Auffallend ist, dass für die Wähler:innen nicht einmal mehr die Union als Alternative infrage kommt,“ erklärt Schmidt-Heck.
Und er mahnt: „Wir hatten eine solche ähnliche Situation vor 95 Jahren schon einmal, und damals verpasste man den Moment, gegen den Rechtsextremismus zu kämpfen. Stattdessen überschüttete man sich gegenseitig mit Vorwürfen – die Parallelen zu heute sind erschreckend! Wie es damals ausging, weiß jede*r von uns.“
Für Ursula Burkhardt, die viele Jahre den Kreisverband geführt hatte, stellt sich auch die Frage, wieso viele Bürger:innen offenbar das Gefühl haben, ihre Ängste und Sorgen würden nicht ernstgenommen. „Die reale Situation sieht oft deutlich besser aus als die gefühlte Situation. Doch gerade rechte Parteien machen sich diese Gefühle zunutze und schüren bewusst Ängste. Das konnte man bereits deutlich 2015 im Wahlkampf von Donald Trump erkennen“.
Für den Kreisverband ist auch klar, dass stärkere Aufklärung alleine nicht mehr ausreicht. „Wir müssen lernen, die Bürger:innen vor Ort besser zu erreichen und klar zu machen, dass die Versprechen der AfD nicht funktionieren können,“ erklärte Schmidt-Heck. In vielen Fällen würden nämlich die vermeintlich einfachen Lösungen bereits am Grundgesetz scheitern. „Diese Erkenntnis zu transportieren, benötigt jedoch viel Zeit und auch viel Vertrauen, welches zurückgewonnen werden muss,“ fügte er an.
„Eines darf man aber niemals vergessen: Die Unterstützung von Extremisten – ob durch eine Wahl oder auf andere Weise – hat noch nie dazu beigetragen, dass sich an der politischen Situation etwas zum Besseren verändert hat. Nein, es bewirkt zumeist das Gegenteil, und bis man dies bemerkt, ist es leider meist schon zu spät,“ so die abschließende Mahnung des Grünen-Sprechers.
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