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08.05.23 –
Der 8. Mai 1945 steht für die Befreiung der Menschen in Europa vom System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Der von Nazi-Deutschland begonnene Weltkrieg brachte millionenfaches Leid und Unrecht über die Welt. Er führte zu Feindschaft, Hass, Vernichtung und Verfolgung in unvorstellbarem Ausmaß. Leider gibt es nur noch wenige Zeitzeugen, die direkt vom Leid der damaligen Zeit erzählen können. Daher ist es wichtig, das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus aufrechtzuerhalten.
Ein Bündnis aus Parteien und lokalen Organisationen kam daher am 8. Mai 2023 zu einer Gedenkstunde zusammen, um das Ende der faschistischen Diktatur in Deutschland zu feiern, ihren Opfern in allen Ländern zu gedenken und vor einer neuen Gefahr von rechts zu warnen. Für den Kreisverband Roth von Bündnis 90 / Die Grünen hielt unser Sprecher Henrik Schmidt-Heck eine kurze Rede:
"Heute vor 78 Jahren endete das wohl dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte. Und ich möchte dazu die Heute-Show von vor drei Jahren zitieren: „Dass dieser Tag kein Feiertag ist, beschreibt die derzeitige Situation in unserem Land ganz gut!“
Dieser Satz hat heute mehr Bedeutung denn je. Ich habe in den vergangenen Tagen mit Freunden und Bekannten über den 8. Mai gesprochen und erzählt, dass ich eingeladen wurde, eine kurze Rede zu halten. Bis auf wenige Ausnahmen war der Grundtenor der Reaktionen: „Für was denn eine Rede halten?!“ Und: „Was soll am 8. Mai so besonders sein?“.
Es ist traurig zu sehen, wie wenig Achtung diesem so wichtigen Datum entgegengebracht wird. Einem Datum, das uns immer daran erinnern sollte, dass der Massenmord an Jüdinnen und Juden, an Homosexuellen, Sinti und Roma, an Menschen mit Behinderungen oder Menschen mit anderer religiöser oder politischer Meinung endlich beendet wurde und Deutschland von der Diktatur der Nationalsozialisten befreit wurde.
Es ist ein Tag der Erinnerung aber auch ein Tag, der uns Hoffnung geben sollte. Hoffnung, dass wir es besser machen können, dass wir für eine offene Welt einstehen, in der alle Menschen neben- und miteinander leben können. Dass sie sein können, wie sie möchten. Ohne Einschränkungen.
Doch wieso wird dieser Tag dann in der Öffentlichkeit so wenig wahrgenommen?
Zum einen mag es daran liegen, dass es kaum noch Zeitzeugen gibt, die von den Gräueltaten des Nazi-Regimes berichten können. Die erzählen können, welche Hoffnungen der Tag der Befreiung tatsächlich geweckt hatte.
Zum anderen beginnen immer mehr Menschen in unserem Land – dank AfD und Konsorten – lautstark zu äußern, das sei jetzt lange her, "irgendwann müsse es doch auch gut sein" und "wir können doch nichts für unsere Vorfahren“.
So sprach Alexander Gauland vor einigen Jahren davon, die NS-Zeit sei ein „Vogelschiss“ in der deutschen Geschichte. Eine Aussage die verstörender und zynischer gegenüber der Opfer des Nationalsozialismus und deren Familien nicht sein kann. Eine Aussage, die jedoch bei manchen verfängt und dazu führt, dass sprachliche und gedankliche Hemmnisse abgebaut werden. Das Gedankengut der Relativierung und Verharmlosung greift so immer weiter um sich.
Eine gefährliche Entwicklung hin zu einer Gleichgültigkeit, die nicht nur die gesellschaftliche Ordnung, sondern auch unsere Demokratie bedroht!
Und leider geht diese Taktik auf.
Wieso sonst können Parteimitglieder der AfD über ein Holocaustdenkmal von einem „Mahnmal der Schande“ sprechen?
Wieso sonst können sich Bundestagsabgeordnete der AfD auf Veranstaltungen mit Hitlergruß ablichten lassen?
Wieso sonst werden Reichsbürger, die die Regierung stürzen wollen, als „harmlose Spinner“ bezeichnet?
Diese Gleichgültigkeit hat Folgen. Denn aus Worten werden Taten.
Mittlerweile werden Jüdinnen und Juden in Berlin von Menschen anderer Glaubensrichtung auf offener Straße verfolgt, queere Personen angegriffen, Flüchtlingsheime angezündet, Migrantinnen und Migranten erschossen - aber der Aufschrei in der Bevölkerung ertönt nur verhalten. Es scheint mittlerweile sogar so, als würde man sich mehr über „Klimakleber“ aufregen, als über den wachsenden Rassismus und Rechtsradikalismus.
Eine Entwicklung, die mich zutiefst erschüttert.
Denn sie zeigt, dass unsere Aufklärungsdefizite als demokratische Parteien immer größer werden und sich dieses Gedankengut immer tiefer in alle Bereiche unserer Gesellschaft hineinfrisst.
Aufgrund unserer Geschichte – die wir immer noch annehmen und verarbeiten müssen – ist es als Land unsere wichtigste Aufgabe zu verhindern, dass Vergleichbares auf europäischem oder gar internationalem Boden jemals wieder geschieht. Und deshalb dürfen wir als demokratische Parteien niemals zulassen, dass die gesamte NS-Zeit, die Gräueltaten oder auch die Kapitulation und Befreiung am 8. Mai 1945 jemals in Vergessenheit geraten.
Vielleicht hilft dabei der Vorschlag, diesen Tag endlich zu einem Feiertag zu erklären!
Zum Ende meiner Rede noch ein wichtiger Apell, und ich bediene mich hier der Worte des Ex-Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker. Worte, die er 1985 gesprochen hat, die aber heute noch genau so gelten:
Lasst uns nicht hineintreiben in Feindschaft und Hass
gegen andere Menschen,
gegen andere Nationen,
gegen Religionen,
gegen Alternative oder Konservative,
gegen Schwarz oder Weiß.
Lasst uns lernen, miteinander zu leben - nicht gegeneinander."
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